Überraschend entdeckte diesen Frühling eine Mitarbeiterin des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern eine Amphore – ein antikes Keramikgefäss mit zwei Henkeln. Beim Fund war die Amphore weitgehend intakt. Sie wurde freigelegt, dokumentiert und in Fragmenten geborgen. In der Zwischenzeit ist sie restauriert worden und misst 73 cm in der Höhe und 50 cm in der Breite. Zum Fund kam es, als die Mitarbeiterin Bauarbeiten im unberührten, natürlichen Flusssediment der alten Zihl an der Bielstrasse in Aegerten begleitet hatte.
Transportgefäss für schon damals beliebtes Olivenöl
Die Amphore dürfte mindestens 65 Liter gefasst und in gefülltem Zustand gut 80 Kilogramm gewogen haben. Nach der Rekonstruktion lässt sich das Gefäss zeitlich ins erste Jahrhundert n. Chr. einordnen. In Amphoren dieses Typs gelangte das damals wie heute beliebte südspanische Olivenöl aus der römischen Provinz Baetica (die Region um das Tal des Guadalquivir in Andalusien) an ihren Bestimmungsort. Die Verbreitung dieser Amphoren reicht vom westlichen Mittelmeerraum, entlang von Rhone und Rhein bis nach Britannien. Das Transportgefäss ist somit ein Hinweis auf die Übernahme der römischen Kultur durch die keltische Bevölkerung im Schweizer Mittelland, die schon damals von über 1500 Kilometer weit her importiertes Olivenöl schätzte.
Verlorene Schiffsladung
Dank Inschriften ist bekannt, dass in der Römerzeit Schiffsleute Waren auf dem Gewässernetz von Rhein, Aare und Zihl sowie den Jurarandseen transportierten. In der Nähe des Fundortes in Aegerten und Studen/Petinesca betrieben sie verschiedene Hafenanlagen. Aufgrund der Fundlage könnte die Amphore direkt von einem antiken Transportschiff in das damalige Flussbett der Zihl gefallen oder entsorgt worden sein. Nicht abwegig ist der Gedanke, dass die Amphore mitsamt ihrem wertvollen Inhalt direkt beim Warenumschlag in den Fluss gefallen ist – und der Ärger der Schiffleute gross war.
Mediendokumentation
- Die Amphore während der Restaurierung. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner
- Ansicht der Amphore nach der Restaurierung. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner
- Fundsituation der Amphore innerhalb des Schwemmsediments. © Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Sébastien Dénervaud